Im Garten des Beethoven Geburtshauses können Gäste Büsten des Komponisten entdecken, © Tourismus NRW e.V.

Begegnungen mit Beethoven


Entdeckungen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis

Es ist mein Geburtstag, als ich am frühen Morgen zu einem kleinen Kulturtrip nach Bonn aufbreche. Eine schöne Gelegenheit. Denn es warten einige Überraschungen in der Rheinmetropole auf mich. Also packe ich alles Wichtige für einen Dreitagesausflug in den Koffer. Und dann kann es auch schon losgehen.

Der Schriftzug BTHVN zeugt vom Beethovenjubiläumsjahr, © Anja Luckas

In der ehemaligen Bundeshauptstadt angekommen, werde ich von keinem Geringeren als Ludwig van Beethoven empfangen. Als die Ampel auf Grün springt, schaut mich der weltberühmte Komponist an, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr groß nachgefeiert wird.  Es wird nicht die einzige Begegnung mit dem Wunderknaben aus der Bonngasse bleiben. Unter anderem soll ich auf meinem Stadtrundgang später auch erfahren, dass ich tatsächlich eine Gemeinsamkeit mit dem Genie habe. Denn der große Komponist und Freidenker war in Wahrheit genau so klein wie ich. Exakt 1,60 Meter.

Das Denkmal zu Ehren des Komponisten vor dem alten Postamt spricht allerdings eine andere Sprache. Stolz schaut der überlebensgroße Komponist von seinem hohen Sockel auf die Menschen auf dem belebten Münsterplatz. Meine Gästeführerin weiß mehr über ihn zu berichten. Auf unserem gemeinsamen Gang am Rheinufer, über den Markt und durch die Gassen der Bonner Innenstadt lenkt sie meinen Blick immer wieder auf den Menschen hinter dem Genie. Ich lerne den „Bönnschen Jung“ kennen, ein kleines goldenes Kerlchen, das wie ein Markenzeichen hier und da in den Schaufenstern steht. Neben Beethoven-Talern aus Schokolade, Kussmündern und Pralinen mit dem Konterfei des Komponisten. Muss ich später unbedingt probieren.

An der Remigiuskirche, der einzigen noch erhaltenen gotischen Kirche in Bonn, erfahre ich dann, dass Beethoven hier schon als Zehnjähriger die Orgel gespielt hat und bereits mit 13 Jahren seine erste Festanstellung bei Hofe bekam. Elf von insgesamt 22 Stelen des neuen Beethoven-Rundgangs verteilen sich über die Bonner Fußgängerzone und erzählen mit kleinen Videos die ganze Lebensgeschichte des Genies. Von seinem strengen Vater, der unerfüllten Liebe Beethovens zu den adligen Damen und dem späteren Wettstreit zwischen Bonn und Wien um das erste Denkmal.

  • Das Beethoven-Denkmal auf dem Münsterplatz zeigt den weltbekannten Komponisten, © Johannes Höhn
    Beethoven-Büsten sind ein beliebtes Souvenir, © Anja Luckas
    Bei der Orientierung in der Bonner City helfen Stadtkarten weiter, © Anja Luckas
  • Wegweiser zeigen den Weg zu Anziehungspunkten in der Stadt, © Anja Luckas
    Beethoven-Stifte fördern bekanntlich die Inspiration, © Anja Luckas
    Das Beethoven-Haus in Bonn ist ein Anlaufpunkt des Beethoven-Rundgangs, © Oliver Franke, Tourismus NRW e.V.
Der Kreuzgang des Bonner Münster ist der am vollständigsten erhaltene romanische Kreuzgang nördlich der Alpen, © Anja Luckas

Fast ein wenig ehrfürchtig betrete ich zum Abschluss meines kleinen Stadtrundgangs noch das Geburtshaus des weltberühmten Komponisten. Die Räume des Hauses in der schmalen Bonngasse sind klein und die Dielen-Bohlen knarzen bei jedem Schritt. Es ist, als wäre ich plötzlich selbst Teil der Geschichte, während ich gemeinsam mit zahlreichen Touristen und Musikinteressierten die mehr als 200 Jahre alten handgeschriebenen Notenblätter und historischen Instrumente betrachte und mich Beethovens „Ode an die Freude“ wieder hinaus auf die Straße begleitet.

Noch schnell ein Blick in den Kreuzgang des Bonner Münsters und es ist endgültig um mich geschehen. Was für ein idyllischer Platz inmitten der Fußgängerzone. Ich bleibe noch einen Moment und lausche der Stille, bevor ich durch den Hofgarten zurück zum Ameron Hotel Königshof laufe. Das stilvolle Designhotel direkt an der Rheinpromenade war in den 1950er- bis 1970er-Jahren ein beliebter Treffpunkt der bundespolitischen Szene. Sämtliche Kanzlerporträts im Foyer zeugen davon. Und auch ich weiß sofort, warum Adenauer und Co. hier gern ein und aus gingen oder mit ihren Gästen auf der großen Terrasse posierten. Es ist der spektakuläre Blick auf den Rhein und das Siebengebirge. Mein nächstes Reiseziel.

Vorher aber noch einmal Beethoven. Spezialität der urigen Traditionsgaststätte „Im Stiefel“, nur ein paar Schritte vom Geburtshaus des Komponisten entfernt, ist „Beethovens Laiberl“, seine Leibspeise. Natürlich ein Muss für mich. Serviert bekomme ich die deftige Kartoffelsuppe deshalb auch nicht in der Terrine, sondern im Brotlaib. Gut bürgerlich. Und ganz in Beethovens Sinne. Jetzt aber ab ins Bett ...

Was mich wohl im Siebengebirge erwartet? Das wird sich herausstellen. Am nächsten Morgen begrüßt mich Wanderführerin Uta Hildebrand, die mir heute Teile der sagenumwobenen Landschaft zeigt. Und noch meint es das Wetter gut mit uns. Lediglich leichter Nieselregen begleitet uns von Königswinter hinauf auf den 320 Meter hohen Drachenfels. Wir sparen unsere Kräfte und nehmen für den steilen Aufstieg die Zahnradbahn. Langsam und laut bahnt sich der von innen holzvertäfelte Waggon mit den roten Kunstlederbänken seinen Weg vorbei an Schloss Drachenburg durch die Wälder, in denen noch der Frühtau glitzert.

Ich war noch nie auf Deutschlands „meist bestiegenem“ Berg. Und Uta beneidet mich ein wenig, „dass Du das hier jetzt zum ersten Mal erleben darfst“. Was meint sie? Die Frage erübrigt sich, sobald wir das Plateau unterhalb der Ruine betreten. Wow! Der Blick schweift weit über das Rheintal, über die Felder und Wiesen auf der anderen Rheinseite, zur Insel Nonnenwerth und zum Rolandsbogen. Die Dichter und Maler, die hier schon vor Jahrhunderten die Rheinromantik priesen, haben nicht zu viel versprochen. Auch wenn die Sicht an diesem Morgen ein wenig getrübt, man möchte fast meinen, ein wenig unwirklich ist.

Der Ausblick vom Drachenfels auf Bonn ist einmalig. Das weiß auch Anja Luckas., © Anja Luckas

Ob Ludwig van Beethoven - da ist er wieder - jemals hier oben war? Uta, die das Siebengebirge in- und auswendig kennt und zu jeder Erhebung eine oder gleich mehrere Geschichten erzählen kann, weiß es auch nicht genau. Dennoch folgen wir zurück ins Tal einem Teilstück des neuen Beethoven Wanderwegs. Er führt vorbei am wundersamen Felsen, an dem der Drache sich einst der holden Jungfrau ergeben haben soll. „Warte Anja, ich mache mal ein Foto von Dir“, sagt Uta, bevor wir unsere Wanderung erst steil bergauf und später wieder bergab fortsetzen. Uta mahnt mich, vorsichtig zu sein. Ich halte mich tapfer und genieße derweil die ungewohnte Stille. Wir sind nahezu allein im Wald unterwegs. Wir kürzen unseren Weg ein wenig ab und gelangen schließlich durch das Nachtigallental zurück in die schnuckelige Altstadt von Königswinter. Völlig geschafft, aber glücklich. Und auch ein wenig stolz. An Muskelkater mag ich in diesem Moment noch gar nicht denken ... Sondern lasse mich lieber mit einem Drei-Gänge-Menü im Hotel-Restaurant Oliveto verwöhnen. Heute auf der Speisekarte: gebeizter Lachs und Entenbrust. Dazu natürlich ein trockener Weißwein.

Tag drei bricht an. Noch ein wenig müde von der gestrigen Wanderung, gehe ich es heute eher gemütlich an und lasse mich fahren. Eine gute Wahl. Denn auf meiner Sightseeing-Tour mit dem City-Bus bekomme ich viel zu sehen. Den alten Friedhof am Rande der Innenstadt zum Beispiel, auf dem Robert und Clara Schumann, Beethovens Mutter sowie auch Mildred Scheel begraben sind. Aber auch die Bonner Südstadt, eines der wenigen noch komplett erhaltenen Wohngebiete aus der Gründerzeit. Was eine Wohnung in einer der schmucken Villen mit den reich verzierten Fassaden und kleinen Erkern wohl kostet, frage ich mich und gerate beinahe ein wenig ins Träumen.

Nächster Halt ist die Museumsmeile. Eine Allee, wie es sie wohl nirgendwo anders in Deutschland gibt. Ich habe die Wahl zwischen gleich fünf international beachteten Museen. Die Entscheidung fällt zugunsten der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland. Ein hoher, markanter Bau, von dessen Dach eine riesige Rutsche zurück auf den Boden der Tatsachen führt. Während sich kleine (und große) Kinder in Regenjacke und Gummistiefeln im Wasserpavillon auf dem Vorplatz vergnügen, muss ich mich schon wieder entscheiden. Diesmal zwischen Beuys und Mode. Es wird die Ausstellung „Dresscode“, eine Schau über das Spiel mit der Mode.

Für einen zweiten Museumsbesuch reicht heute die Zeit nicht mehr. Doch bevor mich der City-Bus weiter zu meiner letzten Reisestation Bad Godesberg bringt, darf ein Programmpunkt auf keinen Fall fehlen. Denn ich liebe Museumsshops! Mindestens einen Bleistift kaufe ich immer. Im Beethoven-Haus habe ich bereits das passende Radiergummi erworben. Und Beethoven-Taler und -pralinen habe ich auch schon. Fehlen also eigentlich nur noch ein paar Postkarten ... für einen künstlerischen Geburtstagsgruß an die Daheimgebliebenen aus der Beethoven-Stadt Bonn.

Autorin: Anja Luckas Anja Luckas ist freie Journalistin und Autorin und viel in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Dann spürt sie die schönsten und außergewöhnlichsten Orte auf, um ihre ganz eigenen Geschichten darüber zu erzählen.

  • Die Wanderführerin Uta Hildebrand geleitet Reisende sicher durch das Siebengebirge, © Anja Luckas
    Beethoven Wanderweg Schloss Drachenburg Siebengebirge, © Tourismus NRW e.V.
    Beethoven Wanderweg Schild, © Tourismus NRW e.V.
  • Altbauten im Bonner Südviertel, © Johannes Höhn
    Die Wasserspiele vor der Bundeskunsthalle ziehen kleine wie große Kinder an, © Anja Luckas
    Die Ausstellung Dress Code in der Bundeskunsthalle beleuchtet den Umgang mit Kleiderordnungen, © Anja Luckas