Textilfabrik Cromford in Ratingen
Von der Baumwolle zum Garn
Die Baumwoll-Spinnerei in Ratingen gilt als die erste Fabrik auf dem europäischen Kontinent. 1783/84 von dem Wuppertaler Unternehmer Johann Gottfried Brügelmann errichtet, ist die frühindustrielle Anlage noch fast vollständig erhalten. Die Textilfabrik Cromford zeigt Besuchern die Verarbeitung vom Rohstoff Baumwolle bis zum fertigen Garn an originalgetreu nachgebauten Maschinen aus dem 18. Jahrhundert.
Johann Gottfried Brügelmann war ein findiger Unternehmer. Als er im späten 18. Jahrhundert von der Entwicklung der so genannten „Water Frames“ durch den Engländer Richard Arkwright erfuhr, schickte er eigene Leute ins englische Cromford, um Baupläne und Modelle der ersten vollmechanischen Spinnmaschine zu beschaffen. Das Ergebnis dieses Falls von Industriespionage lässt sich noch heute in Ratingen, dem deutschen Cromford, besichtigen: Im LVR-Industriemuseum Textilfabrik Cromford. Eingebettet in einen englischen Landschaftspark liegt die Hohe Fabrik, in der die Besucher heute wieder live erleben können, wie die von einem Wasserrad angetriebenen Spinnmaschinen Baumwolle zu feinen Fäden verspinnen.
Export von Garn in die Welt
Seine Fabrikgründung bescherte Brügelmann einigen Reichtum. Der Garnfabrikant wurde einer der erfolgreichsten Unternehmer im Bergischen Land und lieferte sein Garn bald an Kunden in ganz Deutschland und in die Welt. Vom aufwändigen Lebensstil der Fabrikantenfamilie zeugt das prachtvolle Herrenhaus, das Brügelmann direkt neben der Fabrik im Stil eines adligen Lustschlosses des Spätbarock errichten ließ. Viele Exponate – vom repräsentativen Schreibtisch bis zur klassischen Landschaftsmalerei – und der zweigeschossige Gartensaal spiegeln das herrschaftliche Leben in der „Schaltzentrale“ der ältesten Fabrik Deutschlands wider.
Nebenan, in der fünfstöckigen „Hohen Fabrik“, waren es vor allem Frauen und Kinder, die sich der gefährlichen Arbeit an den Maschinen mit ihren scharfen Zähnen, offenen Getrieben und Treibriemen, aber auch dem Baumwollstaub aussetzten. Einen lebendigen Eindruck von ihrem Alltag bekommen die Besucher, wenn das große Wasserrad langsam in Bewegung kommt und das monotone Surren und Rattern der Spindeln einsetzt.