Marion Strehlow arbeitet an ihrem Nähtisch, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Zu Hause im Atelier

Marion Strehlow – Modedesignerin gewährt Blick „Behind the Scene“

Geplant hat Marion Strehlow ihr Leben als Modedesignerin nie. „Es ist einfach so passiert“, sagt die 46-Jährige. Dann legt sie den Kopf etwas schief, denkt noch einen Moment nach und fügt schließlich hinzu: „Aber wie es so richtig passiert ist, das weiß ich eigentlich gar nicht mehr.“ Es kam halt eins zum anderen: Abitur, Ausbildung zur Schneiderin, Modeschule - und schon war der Schritt in die Selbstständigkeit getan. Vor nunmehr 18 Jahren gründete die selbstbewusste Frau ihr eigenes Label strehlow und entwickelt ihre Kollektionen seitdem immer weiter. Ohne allerdings je fertig zu werden. „Denn eine Kollektion ist immer eine Momentaufnahme dessen, wo ich gerade stehe.“

  • Marions eigenes Label strehlow, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Marion Strehlow lehnt an ihrer gemütlichen Wohnküche, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Schreibtisch im Atelier von Marion Strehlow, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Detailaufnahme Kleiderbügel, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
Marion Strehlow im Gespräch, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Noch ist es draußen kalt und grau, als DeinNRW Marion Strehlow zum ersten Mal in ihrem Atelier im Düsseldorfer Stadtteil Oberbilk besucht. Eine unscheinbare Erdgeschoss-Wohnung in einem der vielen großzügigen Altbauten hier. Zum Aufwärmen gibt es erstmal heißen Tee. Dutzende Sorten mit Namen wie „Be Happy“, „Good Morning“, „Keep Calm“, Limette & Ingwer reihen sich auf dem schmalen Regalbrett über der kleinen Küchenzeile aneinander. Oder lieber Kaffee? Doch nicht etwa aus der Maschine. Marion brüht ihn frisch auf. Wir dürfen also wählen, bevor wir in ihrer gemütlichen Wohnküche zwischen den vier großen Kleiderständern mit den ausgefallenen Hosen, Blusen und Mänteln Platz nehmen. Auf den ersten Blick scheint alles hier ein bisschen improvisiert. Nein. Falsch. Unkompliziert trifft es besser. Und vor allem herzlich. Eben genauso, wie Marion Strehlow selbst.

Im Moment ist die ganz in Schwarz gekleidete Frau ein wenig aufgeregt. Schließlich entscheidet sich in diesen Tagen, ob „The NRW Design Issue“ (TNRWDI) im kommenden Jahr fortgesetzt und vom Land weiterhin gefördert wird. „Das wäre eine Riesenchance für uns“, sagt Marion Strehlow, und man sieht in ihren wachen Augen, wie leidenschaftlich sie für ihre Branche kämpft. Ende Januar bot TNRWDI sechs Modedesignerinnen und -designern aus Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, ihre Kollektionen einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Düsseldorferin war eine von ihnen. Und sie würde sich wünschen, „dass mehr in dieser Richtung passiert und der Nachwuchs besser gefördert wird“. Schließlich funktioniere das in der Kunstszene doch super, derweil von den Absolventen der Modeschule „kaum jemand im Land bleibt“.

Marion Strehlow ist Gewinnerin des #urbanana-Awards, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Gewinnerin des #urbanana-Awards

Strehlow, die sich nach dem Abschluss der Modeschule mehr oder weniger selbstständig machen musste, da sie bereits einen Förderpreis der Modemesse Igedo in Düsseldorf bekommen hatte und schlicht einen Gewerbeschein brauchte, ist jetzt selbst aktiv geworden. Im Sommer gab es die erste Stadtführung „Behind the Scene“, die an Mode interessierten Besuchern die „intime Möglichkeit geben soll, einen Einblick in unsere Branche zu bekommen“, wie die Designerin erklärt. Außerdem sollen Touristen so die Gelegenheit haben, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. Denn genau das war es, was Marion fehlte, als sie vor einiger Zeit Urlaub in Los Angeles machte. „So als einsamer Touri“, wie sie mit einem Lächeln sagt. Statt nur im Reiseführer zu blättern und Sehenswürdigkeiten „abzuarbeiten“, hätte sie damals lieber örtliche Designer besucht oder einfach spannende Menschen kennengelernt. Wie tickt diese Stadt? Wie sieht es hinter den schillernden Fassaden aus? Musik, Trends, Szeneviertel – gern hätte Marion mehr vom Lebensgefühl in der pulsierenden Metropole gespürt.

Wieder daheim in Düsseldorf, entwickelte sie schließlich gemeinsam mit ihrem Partner Michael die Idee für „Behind the Scene“ - und traf einen Nerv der Zeit. Noch bevor die erste, schon Monate im Voraus ausgebuchte Führung durch die Düsseldorfer Mode-Ateliers begonnen hatte, war die Ideengeberin für ihr Projekt bereits mit dem ersten #urbanana-Award für die beispielhafte Verbindung der Kreativ- und Tourismusbranche ausgezeichnet worden.

Marion Strehlow in ihrem Atelier in Düsseldorf Oberbilk, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

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Beim unserem ersten Besuch sprudelt es denn auch förmlich aus ihr heraus. Laut denkt sie damals darüber nach, wie die Tour aussehen könnte. Welche ihrer Kolleginnen und Kollegen, die sich in jüngster Zeit mit ihren kleinen, feinen Modelabels in der Stadt angesiedelt haben, dabei sein könnten und ihre Ateliers für die Gäste öffnen? „Es gibt in Düsseldorf eine ganze tolle Hutdesignerin. Das wäre doch auch eine tolle Adresse“, fällt ihr ganz spontan ein. Die beiden kennen sich gut, mögen sich. Denn der Zusammenhalt in der Szene („leider gibt es nur sehr wenige Designer mit eigenem Label in Düsseldorf“) ist groß, der Umgang miteinander statt von Konkurrenz von Herzlichkeit geprägt.

„Behind the Scene“ ist deshalb für alle Beteiligten nicht nur ein Experiment, sondern vor allem eine riesige Chance.

So hat Marion auch einen außergewöhnlichen Ort für das abendliche Dinner schon im Kopf. „Wir könnten aber vielleicht auch noch eine Ausstellung mit ins Programm nehmen.“ So geht es immer weiter. Der Plan reift – bis er nur wenige Monate später dann tatsächlich das erste Mal in die Tat umgesetzt wird. Mit Erfolg. Denn von Anfang an am wichtigsten war der umtriebigen Düsseldorferin, dass die Menschen miteinander ins Gespräch kommen, dass sie ihr Handwerk kennenlernen und sie ein wenig von der eigenen Begeisterung für ihren Beruf an andere weitergeben kann. Und ganz nebenbei: Natürlich kann, wer sich auf der Tour spontan in ein Designer-Stück verliebt hat, dies auch gleich kaufen und mit nach Hause nehmen. Genau so kam es.

Marion Strehlow arbeitet an ihrer Nähmaschine, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

"Ich habe nur angefangen zu nähen, um mir meine Sachen selber machen zu können.“

Marion Strehlow

Marion näht ihr Label ein, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

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Geplant war dieser Lebensweg, wie gesagt, so nie. Auch wollte Marion Strehlow selbst nach der Schule eigentlich keine Schneiderlehre machen, sondern ihr damaliger Freund. „Ich habe nur angefangen zu nähen, um mir meine Sachen selber machen zu können“, erinnert sich die gebürtige Mönchengladbacherin mit einem Augenzwinkern.

„Denn alles, was ich haben wollte, haben mir meine Eltern auch nicht gekauft ...“

Nach der Ausbildung auch als Schneiderin ihr Geld zu verdienen, kam für die junge Frau damals allerdings nicht in Frage. „Auf keinen Fall. Was ich wollte? Ich wollte Schnitte selber machen.“ Also bewarb sie sich an der Modeschule und lernte dort in drei Jahren nicht nur Schnittmuster zu erstellen, sie lernte auch Zeichnen, Kostüm- und Materialkunde. Kaum gesagt, springt die quirlige Frau auch sogleich auf, um ihre neueste technische Errungenschaft zu präsentieren: ein modernes Zeichenbrett, auf dem sie ihre Entwürfe mit Hand zeichnen und dann sofort an das Tablet senden, weiterverarbeiten und colorieren kann. „Wahnsinn, oder? Ich find’s total klasse.“

  • Detailaufnahme Nähtisch, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Marion Strehlow liebt ihr modernes Zeichenbrett, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Zuschnitt eines Musters, kleine Gewichte helfen, damit nichts verrutscht, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Marion Strehlow arbeitet an einer Bluse in ihrem Atelier, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

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Marion Strehlow arbeitet an ihrem Nähtisch, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Marion lebt für ihren Beruf. In nahezu jedem Satz ist diese ungeheure Begeisterung zu spüren, mit der sie in ihrem Atelier zu Werke geht. Am großen Zuschneidetisch in der Werkstatt, in der sich Stoffballen türmen und scheinbar ungeordnet Schnittmuster und Entwürfe rumliegen, erinnert sie sich an ihre Anfänge. Bereits während des Studiums bekam sie die Chance, ihre Kollektion bei ELA selected („eine internationale Koryphäe“) in Düsseldorf zu verkaufen.

„Damals habe ich beinahe mehr Geld verdient als heute“, sagt sie und muss selbst lachen. Da plötzlich fällt ihr auch die Geschichte einer Kundin ein, die sie damals in einem Schuhgeschäft traf und die partout das Kleid haben wollte, das Strehlow selbst gerade trug. „Das gab es aber nur dieses eine Mal“, erzählt sie heute amüsiert von ihrer damaligen Panik. „Da wusste ich gar nicht, was ich sagen sollte.“ Also nannte sie einfach mal einen (für sie damals ziemlich hohen) Preis – und die Kundin zahlte. Die Dame ist Strehlow bis heute treu geblieben. So wie die meisten Kunden, die zu einer ihrer Modenschauen kommen oder sie etwa beim Damensalon besuchen, der „in regelmäßiger Unregelmäßigkeit“ in ihrem Atelier stattfindet. „Das ist ein bisschen so wie eine Geburtstagsparty“, schwärmt Marion. Und es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie eine nette Runde hier in ihrer gemütlichen „Wohnzimmerküche“ zwischen Kleiderständern und Nähmaschinen ins Quatschen kommt, die ein oder andere Flasche Sekt geöffnet und der kleine Flur kurzerhand zur Umkleide umfunktioniert wird.

Einer, der immer dabei ist, wenn Marion Strehlow ihre Mode nicht im Atelier, sondern bei öffentlichen Auftritten wie zuletzt auf der Plattform Fashion Düsseldorf im Rahmen der TNRWDI_ CATWALK präsentiert, ist ihr bester Freund. Der gutaussehende Frisör Marc Booten modelt dann für sie. „Denn für die Shows werden meist keine männlichen Models gebucht“,  bedauert die Designerin, zu deren Kollektion jedoch zum großen Teil Unisex-Teile gehören. Wie etwa die hochgeschnittene, schwarz-braune Hose mit dem doppelten Bündchen, die aktuell Marions absolutes Lieblingsteil ist. Aber auch Overalls, Kleider mit verspielten Rüschen und Blusen mit innovativen Schnitttechniken und dunklen, erdigen Farben gehören zum Label strehlow, an das die Namensgeberin selbst die höchsten Ansprüche stellt. So müssen alle Teile aus ihrer Kollektion nicht nur tragbar sein, sondern auch oft und lange getragen werden können. Und deshalb verlässt auch keine Hose, keine Bluse, kein Mantel und keine Tasche das Atelier in Oberbilk, wenn die Designerin ihren Entwurf nicht selbst schon getragen hat. Wie aber entsteht überhaupt so ein Entwurf? „Das geht am Anfang meistens ganz schnell“, sagt Marion und zeigt noch einmal auf ihre Zeichnungen. Danach müssen dann Schnittmuster erarbeitet und Stoffe zugeschnitten werden, bevor sich die gelernte Schneiderin schließlich an die Nähmaschine setzt und sich dabei auch gern über die Schulter schauen lässt. „Behind the Scene“ eben.

  • Marc Booten bei einer Modenshow vom Label Strehlow, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Marion Strehlow und Marc Booten in seinem Salon, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Marion Strehlow und Marc Booten im Gespräch, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
  • Marion Strehlow und Marc Booten im Innenhof, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
Marion Strehlow und Michael Dimitrov, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Drei Fragen an Marion

Mit ganzem Herzen Modedesignerin

Marion, Du hast 48 Stunden freie Zeit. Was würdest Du mit dieser Zeit auf jeden Fall in NRW machen?
Marion: "Dann würde ich auf jeden Fall mal wieder in meine niederrheinische Heimat fahren. Ich bin in Elmpt, kurz vor der holländischen Grenze im Kreis Viersen aufgewachsen. Dort würde ich einen Ausflug zum Elfenmeer und zum Venekotensee machen. Die dortige Heidelandschaft ist einfach wunderschön. Als Kind wusste ich das nicht zu schätzen, heute weiß ich es. Wenn ich dann noch Zeit hätte, würde ich mir gern endlich mal Zeche Zollverein in Essen anschauen. Da war ich leider noch nie."

Welchen Ort in NRW hast Du zuletzt für Dich neu entdeckt?
Marion "Eine Stadt, die ich immer wieder neu entdecke, ist tatsächlich Wuppertal. Ich bin häufig hier, um Stoffe zu kaufen, und jedes Mal aufs Neue beeindruckt mich das Bergische. Essen finde ich allerdings auch ziemlich cool, und im Dortmunder U treffe ich immer wieder interessante und gute Typen, die tolle Sachen machen."

Dein persönlicher Lieblingsplatz in NRW.
Marion: "Eindeutig Düsseldorf. Hier bin ich am liebsten. Einer der schönsten Plätze in der Stadt ist für mich ganz sicher der Volksgarten."

 

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