Freundeskreis prostet sich zu mit Altbier in der Düsseldorfer Altstadt., © Johannes Höhn, Tourismus NRW e.V.

Biergenuss in NRW


Rund um die längste Theke der Welt

Wenn Du ein Brauhaus betrittst, besuchst Du damit zugleich eine andere Welt. Hier sind Herkunft und Hierarchien egal, Distanzen verringern sich, es gibt kein „Sie“, nur ein „Du“, und es ist leicht, neue Leute kennenzulernen. Hier wird nämlich nicht nur Bier gebraut - und das teilweise schon seit vielen Generationen - sondern Menschen kommen sich näher in geselligen Runden.

Alt oder jung, Stammgast oder Neuling, forsch oder zurückhaltend: Rund um die Zapfhähne in Nordrhein-Westfalen finden unterschiedlichste Menschen zusammen. Die Biere, die sie dort trinken, sind ebenfalls äußerst vielfältig: Denn Nordrhein-Westfalen ist nicht nur das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands, sondern auch das mit den meisten Biersorten. Die Klassiker sind dabei Kölsch, Altbier und Pils.

Timo im Gespräch mit Gästen, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Kölsch - mehr als ein Bier

In Köln ist Kölsch mehr als ein Bier – das helle, obergärige Gebräu ist für die Bewohner:innen der Stadt ebenso identitätsstiftend wie der Kölner Dom. Die Geschichte des lokalen Bieres ist auch fast so alt wie die des Doms: Bis ins 13. Jahrhundert reichen die Aufzeichnungen über das Kölsch-Brauen zurück. Heute gibt es über 25 verschiedene Marken. Von Früh über Päffgen und Sion bis hin zu Reissdorf und Gilden. Teilweise stammen sie aus Großbrauereien, andere kommen aus klassischen Hausbrauereien und werden in angeschlossenen Gasthäusern direkt ausgeschenkt.

So etwa in der Brauerei Zur Malzmühle, in der Mühlenkölsch serviert wird, das auch amerikanischen Präsidenten schon gut geschmeckt hat. „Ich bin ein Kölsch“, soll Bill Clinton dort nach dem Genuss von Kölsch und rheinischem Sauerbraten gesagt haben. Und dort bringt auch Timo Eckstein frisch gezapftes Bier in den typischen Kölsch-Stangen an den Tisch. Als kölscher Köbes gehört er zu einer besonderen Spezies der Kellner:innen und trägt mit seiner Art zum Brauerei-Erlebnis bei – mal vorlaut und herb, mal einsilbig und trocken, dann wieder herzlich und heiter. Je nach Gegenüber sorgt er so für Verblüffung oder Gelächter. „Als Köbes darfst du forsch sein, aber nie unverschämt, sagt er. Denn „jeder Tisch ist eine Bühne“. Da wird kokettiert und geflirtet, gefoppt und gelacht.

www.koelntourismus.de

Brauhausbesuch in der Düsseldorfer Altstadt , © Düsseldorf Tourismus

Altbiertour in der Düsseldorfer Altstadt

Altbier fließt vor allem in Düsseldorf und Umgebung aus den Zapfhähnen. Und das schon sehr, sehr lange: Die älteste Altbierbrauerei der Welt stellt seit 1266 das Hopfengetränk am Niederrhein her und noch immer schenkt die kleine Privatbrauerei Bolten in Korschenbroich das traditionelle Ur-Alt an selber Stelle aus. Übrigens deutet der Name für das süffige, dunkle Bier nicht darauf hin, dass es älter ist oder länger gebraut wird. "Altus" kommt aus dem Lateinischen, bedeutet "hoch" und bezieht sich auf die steigende Hefe dieses obergärigen Bieres.

Der (welt-)bekannteste Ort für eine Altbier-Tour ist die Düsseldorfer Altstadt. An der „längsten Theke der Welt“ laden mit Schumacher, Uerige, Kürzer, Füsschen und Schlüssel allein fünf Hausbrauereien dazu ein, die Trinkkultur aus nächster Nähe kennenzulernen. Insgesamt befinden sich rund 260 Kneipen, Restaurants und Bars auf dem halben Quadratkilometer, da findet sich für jeden Hunger oder Durst das Passende. Aber Vorsicht: Wer im Brauhaus kein Bier, sondern etwas anderes, zum Beispiel Mineralwasser bestellt, sollte sich auf einen Spruch des Köbes‘ gefasst machen. „Sin mer hee em Schwemmbadd oder wat?“ Oder: „Willste dich waschen? Seife und Handtuch bring ich auch gleich vorbei!“ Bei einer Bier-Bestellung dagegen werden meist gar keine Worte verloren: Ist das Glas leer oder so gut wie leer, bringt der Köbes unaufgefordert ein neues. Aber irgendwann ist auch der bierseligste Abend vorbei, dann kommt einfach ein Bierdeckel auf das leere Glas - und schon weiß der Köbes Bescheid. Diese Zeichen-Sprache gilt in Düsseldorf wie auch in Köln.

www.visitduesseldorf.de

Biergenuss am Tag der Trinkhallen in Duisburg, © Ruhr Tourismus GmbH CC-BY-SA

Pils und Export - Geschichte mit Gefühl

Während Kölsch und Altbier eher regionale Spezialitäten sind, ist Pils auf der ganzen Welt bekannt – und gleich mehrere Pilsbrauereien von Weltrang sind in NRW zu Hause, darunter Krombacher, Warsteiner, Veltins und König Pilsener. Beinahe überall im Land kommen Besuchende in den Genuss eines echten und nach deutschem Reinheitsgebot gebrauten Bieres nach Pilsener Brauart – nur in den traditionellen Brauhäusern in Köln und Düsseldorf sollte man sich besser an Kölsch oder Alt halten, will man keinen abfälligen Blick des Köbes‘ ernten.

Im Ruhrgebiet hat das Pils Tradition. In der Bochumer Privatbrauerei Moritz Fiege wird es seit 1926 gebraut, die familiäre Brauhistorie an sich reicht noch weitere 200 Jahre zurück. Zeit spielt auch beim Brauprozess an sich eine Rolle: Behutsames Brauen und langsames Reifen gehören zur Philosophie der „Slow Brewing zertifizierten“ Brauerei.

Viel Gefühl ist auch in Dortmund beim Bier im Spiel, die Dortmunder lieben den Gerstensaft und sind stolz auf ihre Brau-Tradition, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht und im 19. und 20. Jahrhundert zu Höchstleistungen auflief, parallel zur boomenden Kohleförderung. Die vielen Bergarbeiter gönnten sich nach der schweißtreibenden Arbeit unter Tage ein kühles Feierabend-Bier an der Theke. Mit dem Dortmunder Export, einer eigenen Biersorte, hat die Stadt einst gar Weltruhm erlangt und ist umsatzmäßig lange sogar Europas Biermetropole Nummer 1 gewesen. Im Brauerei-Museum wird diese Geschichte anschaulich erzählt, Abfüll- und Flaschenreinigungsautomaten aus den 1950ern und eine Theke mit Zapfsäule aus den 1920er-Jahren inklusive. Weithin sichtbar zeugt das „Dortmunder U“, das denkmalgeschützte frühere Gär- und Lagerhochhaus der Union-Brauerei, von dieser Hochzeit. Heute ist es ein Zentrum für Kunst, Forschung, kulturelle Bildung und Kreativität. Oben auf dem Dach leuchtet noch ein goldenes U, das längst zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden ist.

Kosten lassen sich die lokalen Spezialitäten am besten in einer der Ur-Dortmunder Kneipen, zum Beispiel am Alten Markt. Dort genießen Durstige ein kühles Helles entweder im traditionellen Schanksaal oder im Biergarten. Überhaupt wird Bier im Ruhrgebiet gern unter freiem Himmel und auch im Stehen getrunken: Am Kiosk, das hier an jeder Ecke zu finden ist, legen Einheimische wie Gäste gern mal eine Pause ein zum Plauschen und Pilstrinken. Diese traditionelle Büdchenkultur wird übrigens sogar regelmäßig gefeiert: Beim Tag der Trinkhalle bieten teilnehmende Kioske in der ganzen Region neben gemischter Tüte und Bier auch ein kostenloses Kulturprogramm an.
 

Maureen Wolf hinter der Theke ihrer Gaststätte in Köln, © Holger Hage, Tourismus NRW e.V.

Na dann: Prost!

Viele Städte und Regionen in Nordrhein-Westfalen haben ihre ganz eigenen Biere und Brauereien, die zwar meist nur regional bekannt sind, aber ebenfalls hervorragende Qualität liefern. Ob klein oder groß, Craft beer, Alt, Kölsch oder Pils, draußen oder drinnen: In NRW kannst Du Bier nicht nur gemütlich genießen und dabei Land und Leute aus nächster Nähe kennenlernen, sondern auch spannende Geschichten rund um den leckeren Gerstensaft erfahren oder Dich selbst in der Braukunst üben. In Düsseldorf beispielsweise geht es bei einer geführten Altbier-Safari durch die Brauereien der Düsseldorfer Altstadt, in Köln werden bei einer Kölsch-Tour zum Bier auch deftige Brauhaus-Speisen serviert und auch die großen Brauereien bieten eigene Erlebnisführungen an, Verkostung natürlich inklusive.

Verkosten kannst Du die regionalen Spezialitäten aber natürlich auch sehr gut auf eigene Faust – und Du wirst feststellen: In geselliger Runde am Brauhaustisch oder an der Kneipen-Theke schmeckt Gebrautes noch viel besser als allein zu Hause. Mitunter entstehen sogar richtige Freundschaften: Maureen Wolf etwa, Wirtin der Kölner Traditionskneipe „Oma Kleinmann“ hat zu vielen Gästen ein enges Verhältnis, besonders aber zu Manjet Gill und Jaswinder Phull, die sie sogar zu ihrer Hochzeit eingeladen hat. „Sie sind mir im Laufe der Jahre so ans Herz gewachsen und ich wollte endlich auch mal die Ehefrauen der beiden kennenlernen“, erinnert sie sich. In der schwierigen Coronazeit hat die Wirtin von ihren Gästen nicht nur emotionale Unterstützung bekommen, sondern auch finanzielle. Manche haben Schnitzel to go gegessen, obwohl sie keinen Hunger hatten, andere haben einen zinslosen Privatkredit gegeben.

Ganz gleich, ob Pils, Alt oder Kölsch: Rund um die Zapfhähne in Nordrhein-Westfalen finden unterschiedlichste Menschen zusammen, unterhalten sich und kommen sich näher. Erst durch Gesellschaft wird das Biererlebnis komplett. Na dann: Prost!

  • Draußen an der Bergmann Brauerei in Dortmund , © Ruhr Tourismus GmbH CC-BY-SA
    Timo - ne echt kölsche Köbes, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.
    Gedeckter Tisch mit Bier und Speisen im Brauhaus Johann Schäfer in Köln. , © Johannes Höhn, Tourismus NRW e.V.
  • Gemeinsam unterwegs in der Düsseldorfer Altstadt, © Johannes Höhn, Tourismus NRW e.V.
    Fotowand in der Gaststätte Bei Oma Kleinmann in Köln, © Tourismus NRW e.V., Foto Holger Hage
    Altbier auf Bierbank, Düsseldorf, © Johannes Höhn

ProBIERen geht über Studieren

Bierkranz mit Kölsch, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Bier erleben

weiterlesen
Köbes Timo beim Zapfen im Lommerzheim in Köln, © Ralph Sondermann, Tourismus NRW e.V.

Besondere Bier-Erlebnisse

weiterlesen
Biergarten Johann Schäfer Köln, © Johannes Höhn

Bier FAQ

weiterlesen