
Virtuelle Rundgänge und digitale Führungen durchs Museum liegen in Nordrhein-Westfalen im Trend: Bedeutende Kunst und spannende Geschichte sind nur noch einen Mausklick entfernt. Mit einem Wisch auf dem Handydisplay erscheinen ausgewählte Werke von Van Gogh, Rembrandt und Picasso, gibt's interessante Infos zu historischen Techniken und neusten Entwicklungen. Besucher können Ausstellungsräume von zu Hause erkunden – dreidimensionale Nachbildungen und hochauflösende Foto-Galerien erscheinen auf dem Bildschirm. Auch das Mitgestalten neuer Ausstellungen ist über innovative Online-Plattformen möglich.

Ganz nah am Werk in der digitalen Kunstsammlung
Sieben Museen aus NRW beteiligen sich aktuell an dem Projekt „Google Arts & Culture“ (Stand November 2020). Es ist eine der größten digitalen Kunstsammlungen, in der Nutzer sowohl Gemälde, Fotografien und Skulpturen als auch historische Dokumente und Zeitzeugnisse finden.
Die teilnehmenden Partner aus dem Land präsentieren ihren Bestand in Fotoschauen, kurzen Videos und 360-Grad-Ansichten. Lehrreiche Infotexte zur Entstehungsgeschichte oder der Rezeption begleiten das bereitgestellte Material. Nahansichten heben einzelne Aspekte der Kunstwerke hervor.
Mit Details der Analyse folgen
Am deutlichsten wird das in der Ausstellung „Vincent van Gogh ganz nah“ des Museums Folkwang. Ausstellungsgäste erfahren anhand von Detailansichten zum Beispiel mehr über das Gemälde Rhonebarken. Die Tour leitet den Nutzer von einem Punkt des Bildes zum anderen. Er kann der vorgestellten Analyse wunderbar folgen. Schließlich befindet er sich mitten im Geschehen – also immer dort, wo er auch sein soll.
Ein weiterer Höhepunkt im digitalen Landesrepertoire ist die sogenannte „Museumsansicht“ des Kunstpalastes in Düsseldorf. Hier schöpft die Kulturstätte das volle Technikpotential der Webanwendung aus. Im Stil von „Google Street View“ kann sich der heimische Besucher mit Klicks durch das Museum bewegen und umsehen.
Insgesamt machen über 100 deutsche Partner bei „Google Arts & Culture“ mit, darunter auch Stiftungen, Bibliotheken und Forschungsorganisationen. Einige Kulturstätten, die sich nicht direkt an dem Projekt beteiligen, nutzen jedoch die Technik des Internet-Riesen. Auch im Osthaus Museum Hagen oder im Institut für Stadtgeschichte Recklinghausen ist das Flanieren durch die Räume via Street-View möglich.
Registrierte Museen in NRW:
- Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Duisburg
- Lehmbruck Museum in Duisburg
- Museum Folkwang in Essen
- Kunstpalast in Düsseldorf
- DASA in Dortmund
- Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn
- Deutsches Röntgen-Museum in Remscheid

Digitaler Spaziergang mit Beethoven
Gemütlich durch dreidimensionale Räume schlendern und vor dem Lieblingsexponat stehen bleiben? Das macht die digitale Kunsthalle der ZDF-Mediathek möglich. Das Online-Portal präsentiert bedeutende Ausstellungen aus dem ganzen Land auf einer Seite, darunter natürlich auch Top-Expositionen aus Nordrhein-Westfalen.
Anhänger des Musikgenies Ludwig von Beethoven konnten hier bereits Rokokokostüme, Wandmalereien und Notizblätter betrachten. Das Online-Portal präsentierte 2020 die Top-Ausstellung „Beethoven – Welt.Bürger.Musik“ der Bundeskunsthalle in Bonn. Auch wenn der Raum nur simuliert und nicht fotorealistisch abgebildet wurde, minderte das den Eindruck der Ausstellungsstücke nicht. Weitere Höhepunkte aus NRW sollen zukünftig im virtuellen Raum folgen.
Themenrundgänge in einer App
Mit der neuen App „Kunstfreunde im Wallraf“ möchte das Kölner Wallraf-Richartz-Museum Kunstfans auch zu Hause zu einer geführten Tour einladen. Vier Themenrundgänge stehen Nutzern aktuell zur Wahl (Stand: November 2020), die etwa auf Werke von bedeutenden Künstlerinnen oder auf Geheimnisse zwischen Farbschichten Bezug nehmen. Die Touren dauern rund zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten und bieten Detailansichten von Arbeiten, eine Verortung im Museum, eine Expertenanalyse in Audio- und Textform wie auch Zusatzinformationen.
Besonders empfehlenswert ist die Hashtag-Tour, die Bezüge zwischen modernen gesellschaftlichen Phänomenen und der historischen Kunstproduktion herstellt. Sie zieht etwa Vergleiche zwischen Selbstbildnissen und Selfies und wirft ein neues Licht auf die Bildbearbeitung im Lauf der Jahrhunderte.
Ähnlich spannend geht es auch das Museum Folkwang mit seinen virtuellen Themenrundgängen in der Museum Folkwang-App an. Hier erhalten Liebhaber bedeutender Kunst zum Beispiel Einblicke in die neue Keith Haring-Ausstellung. Das Haus stellt zwölf ausgewählte Werke in Bildern, Texten und Audioclips vor. Ein Rundgang erklärt die Provenienzforschung der Einrichtung, ein anderer beschäftigt sich mit den Höhepunkten der Sammlung. Die Entdeckungsreise kann mit einem Tastendruck auf dem Handydisplay jederzeit beginnen. Die sogenannte „Discovery"-Funktion ermöglicht dank Standorterkennung sogar, Inhalte zu Werken direkt beim Vorübergehen im Museum anzuzeigen.
Digitaler Guide zu Picasso und Ruff
Die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf hat zurzeit ein malendes Genie und einen Ausnahmefotografen im Fokus: Für die Ausstellung „Picasso. Kriegsjahre 1939 – 1945“ hat das K20 eigens einen digitalen Guide erstellt, der anhand von Videos, Fotos, Dokumenten und Zeitzeugen ein Bild davon vermittelt, wie Picassos Leben während des Zweiten Weltkriegs aussah. Ergänzend gehen kurze Artikel und kleine Werkschauen der Frage nach, ob die Schrecken jener Jahre Spuren in seinem Leben und seinem Werk hinterlassen haben.
Ähnlich spannend gestaltet sich der Guide zur neuen Thomas Ruff-Foto-Ausstellung, der mit innovativen Bedienelementen wie einer Pixel-Lupe als Mauszeiger direkten Bezug auf die Inhalte nimmt. Komplexe Zusammenhänge zur Fotobearbeitung und Drucktechnik werden anschaulich erklärt. Bildbeispiele verdeutlichen etwa, was ein Durckraster ist. Nutzer können gut nachvollziehen, wie Ruff ausgewählte Aufnahmen erforschte und für seine Zwecke bearbeitete.
Blauer Ozean an der Wand
Anhänger von großen Wandkunstwerken sind beim 360-Grad-Rundgang der Down Town Gallery Krefeld genau richtig. Besucher bewegen sich mit wenigen Klicks durch eine alte Bunkeranlage im Stadtzentrum. Sie bleiben vor eindrucksvollen Street-Art-Bildern stehen, die im Rahmen des Krefelder Perspektivwechsels im Jahr 2019 entstanden sind. Mal tut sich der blaue Ozean vor Kunstfans auf, mal zieren realitätsnahe Porträts die Steinmauern. Die Tour bietet Hintergrundinfos zu den Künstlern und Arbeiten, sie regt zu einer Visite vor Ort an.
Museen in NRW mit digitalen Spaziergängen:

Partizipation lautet das Stichwort
Selbst an einer Ausstellung mitarbeiten und mit anderen Kuratoren über ausgesuchte Werke sprechen, welcher Museumsgast hatte noch nicht diesen Traum? Die Museumsplattform nextmuseum.io erfüllt ihn. Hier fordern renommierte Häuser die Besucher und Künstler auf, sich aktiv an der Planung und Umsetzung neuer Formate zu beteiligen. Konzepte, Kunstwerke und Ideen zur Gestaltung sind gerne gesehen. „Partizipation“ lautet das Stichwort, in dem sich ein neuer Trend widerspiegelt.
Beispiele der erfolgreichen Umsetzung
Das NRW-Forum rief bereits Mitte 2020 dazu auf, Kunstwerke einzureichen und in sogenannten „Open Calls“ über die neue Schau „Willkommen im Paradies“ zu sprechen. Über 300 Einsendungen erreichten die Institution. Ausgewählte Werke werden jetzt 2021 als Sound-Installationen, Video- wie Bildproduktionen im Düsseldorfer Ausstellungshaus am Ehrenhof zu finden sein.
Auch die Kunstmesse „contemporary art ruhr“ (C.A.R), die jedes Jahr auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein stattfindet, will eine zusätzliche Online-Version der Veranstaltung ins Leben rufen. Dazu bittet das Team Galeristen und Künstler darum, Arbeiten auf nextmuseum.io hochzuladen. Über diese soll mit der Community diskutiert werden. Betrachter können ohne Umwege ihre Frage an die Produzenten richten.
Workshop-Päckchen machen Museum erfahrbar
Interaktion und die Möglichkeit zum Nachfragen und Mitgestalten stehen auch beim LVR-LandesMuseum Bonn hoch im Kurs. Das Haus bietet Gäste jeden Alters buchbare Online-Workshops, die in Form interaktiver Streams stattfinden. Die Teilnehmer können sogar selbst Hand anlegen, im Vorfeld verschickte Arbeitsmaterialien machen es möglich.
Kinder etwa unternehmen mit Forschern eine Zeitreise in die Steinzeit oder ins Mittelalter. Sie haben Ausmalvorlagen und Bastel-Equipment im Gepäck, mit denen sie sich einzelnen historischen Museumsobjekten nähern. Erwachsene können der Frage nachgehen, wie Bürger im Römischen Reich schlemmten. Eine Römerin lädt in ihren antiken Speisesaal ein. Snacks und Rezepte stehen dank der Paketlieferung bereit. Weitere Workshops folgen.