Luftaufnahme Dortmund, © Johannes Höhn

Dortmund für Alle


Barrierefreie Entdeckungen in Dortmund

Gemeinsam mit meinem Mann Lorenz, begebe ich mich auf eine Reise, um die Vielfalt Dortmunds mit dem Rollstuhl zu erkunden. Dortmund ist die größte Stadt des Ruhrgebiets und mit dem bundesweit einheitlichen Kennzeichnungssystem „Reisen für Alle“ als barrierefreier Tourismusort ausgezeichnet. Dass die Industriestadt neben Kohle, Fußball und Bier noch viel mehr zu bieten hat, wird uns bei unserem Städtetrip schnell deutlich.

Direkt zu Beginn gibt uns Gästeführerin Anja Hecker-Wolf von Stadtkernobst einen tollen Einblick in die traditionsreiche Geschichte, das abwechslungsreiche Kulturangebot und den Wandel zur Technologiestadt. Ihre Stadtführungen sind speziell für Menschen mit Gehbehinderung und Rollstuhlfahrende konzipiert. Und als Einheimische kennt Anja Geschichten, die das Ruhrgebiet ausmachen, nur zu gut. Informationen paart sie gerne mit Unterhaltung, weshalb einem nach einer Führung bei ihr die Lust & Laster von Dortmund ein Begriff sein werden. Für uns eine tolle Option, in kurzer Zeit doch einiges über die Stadt und ihre Vergangenheit, bis hin zur Hexenverfolgung, zu erfahren.

Auf unserer Tour durch die Dortmunder City gibt es überall abgesenkte Bordsteine, was das Vorankommen - zumindest entlang der Touristenpfade - mit meinem Rollstuhl Lutzi ziemlich einfach macht. Eine weitere Möglichkeit die Stadt zu entdecken, ist eine Fahrt mit dem Sightseeing-Doppeldeckerbus, der auch für Rollstuhlfahrende zugänglich ist. Da mein Rollstuhl durch einen kleinen Antrieb unterstützt wird, bevorzuge ich bei schönem Wetter allerdings eine Städtetour lieber ohne Fahrzeug.

Museum Ostwall im Dortmunder U , © Frank Vinken

Unsere nächste Station ist der Phönix See. Während wir noch genüsslich unser Eis essen, fängt es plötzlich an zu regnen. Und da der Nachmittag nur noch mehr warmen Sommerregen verspricht, ändern wir unsere Pläne kurzerhand und widmen uns der Kunst im Dortmunder U.

Das ehemalige Brauereigebäude und Wahrzeichen der Stadt ist heute ein Zentrum für Kunst und Kreativität. Es gibt verschiedene Ausstellungen, die Kunst vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart zeigen. Mit dem Fahrstuhl geht es für uns von einem in das nächste Stockwerk, durch verschiedene Ausstellungsräume vorbei an imposanten Kunstwerken und Installationen. Als Kulturzentrum kooperiert das Haus mit vielen anderen Kultureinrichtungen, weshalb immer wieder wechselnde Veranstaltungen, Workshops, Vorträge und Videoabende angeboten werden. Im U-Turm, wie das Gebäude oft genannt wird, finden sich auch ein paar gastronomische Angebote. Auf der Dachterrasse „The View”, in der Unterhaltungsgastronomie „Zum Goldenen U” oder im Grillrestaurant „Emil” wird für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Das Gebäude ist mit all seinen Angeboten stufenlos zugänglich, verfügt über rollstuhlgerechte Toiletten und Aufzüge, die einen auf alle Ebenen bringen.

Zum Abendessen besuchen wir das Restaurant „Emil“ im Gewölbekeller des Dortmunder U. Obwohl sich das Restaurant im Kellergeschoß des Gebäudes befindet, gehört überraschenderweise eine kleine begrünte Außenterrasse zum Lokal, auf der wir kurzerhand Platz nehmen. Auf der Karte stehen ausgefallene, immer wechselnde Kreationen unter dem Motto „Grill & Meer“. Neben Steak-Klassikern finden sich auf der Karte auch ein paar Exoten wie Iberico Pluma, Maishähnchen oder Salzwiesenlamm. In der Kategorie „Surf“ reiht sich der Wolfsbarsch neben dem Pulpo ein. Wir entscheiden uns für Tacos und Roastbeef mit Zuckerschoten und Pilzen und genießen einen schönen Abend.

  • Dortmunder U, © Johannes Höhn
    Hauswand mit grünem Herz, © Tourismus NRW e.V.
    Der Emskanal beim Sonnenuntergang, © Dortmund Tourismus
  • Phoenixsee in Dortmund, © Carsten Behle
Rollstuhlfahrerin auf Zeche Zollern, © wheeliewanderlust

Das stillgelegte Steinkohlebergwerk im Nordwesten der Stadt ist definitiv eines unserer Highlights in Dortmund. Das „Schloss der Arbeit”, so wird das LWL-Westfälische Landesmuseum für Industriekultur Zeche Zollern auch genannt, ist in Sachen Barrierefreiheit wunderbar aufgestellt. Alle Ausstellungsräume der Zeche und das großflächige Museumsgelände, inklusive Maschinenhalle, Frachtraum, Bergstollen, sowie Sanitäranlagen und die Gastronomie, sind für gehbehinderte Menschen und Rollstuhlfahrende zugänglich. Es werden Führungen in Gebärdensprache angeboten und die Dauerausstellung ist mit einem Leitsystem für blinde und sehbehinderte Menschen ausgestattet.

Bei der Besichtigung eines rekonstruierten Bergwerkes bekommen wir sogar eine Ahnung, wie es sich anfühlen mag „unter Tage” zu sein. Das Gefühl - wohlwissend nicht hunderte Meter in einem Bergstollen unter der Erde zu sein - ist trotzdem bedrückend, dennoch interessant und für mich gar nicht so leicht auszuhalten. Unter welchen unwürdigen Bedingungen Bergarbeiter hier früher Rohstoffe gewinnen mussten, kann ich mir kaum vorstellen.

Dass es uns Fußball-Banausen mal ins Deutsche Fußballmuseum verschlägt, hätte ich bis heute auch nicht vermutet. Dank der Sportfreunde Stiller weiß ich natürlich, wann Deutschland bisher schon Weltmeister wurde: “54, 74, 90, 2014…”, ansonsten kann ich mit wenig Wissen rund um den Fußball glänzen. Das soll sich mit dem Besuch dieses Museums allerdings schlagartig ändern. Zum Start des Rundgangs tauchen wir in das Wunder von Bern ein, was bei uns direkt Gänsehaut auslöst. Und auch der Rest der Ausstellung ist spannend und anschaulich gestaltet – mit interaktiven Möglichkeiten interessanten Erlebniswelten.

Das Schalthaus 101 auf dem Industriegelände Phoenix West ist das Zuhause der Comedy-Eventreihe „Ruhrhochdeutsch“. Das bedeutet also Bühne frei für alle Stars und Sternchen der Comedy-Szene. Wir dürfen zusammen mit etwa 300 anderen Gästen den humoristischen Sprüchen und Texten Jürgen Malmsheimers lauschen. Meine erste Veranstaltung seit Corona in dieser Größenordnung. Das tut richtig gut. Und die außergewöhnliche Location mit Industriecharme bietet zum Glück ausreichend Platz und somit genügend Möglichkeit Abstand zu halten. Das außergewöhnliche Ambiente, die nette Bewirtung und der wortgewandte Kabarettist bescheren uns einen abwechslungsreichen und vor allem witzigen Abend. Der Zugang erfolgt barrierefrei durch eine ganz flache Rampe am Eingang und zu den Sitzplätzen.

Unsere Unterkunft ist nur wenige Gehminuten von der Fußgängerzone der Altstadt und dem Hauptbahnhof entfernt. Das Cityhotel Esplanade liegt direkt im Herzen von Dortmund. Zwei der insgesamt 83 Zimmer sind barrierefrei ausgebaut. Das Zimmer, in dem wir sind, gehört zur Kategorie „First-Class”, wobei ich zugeben muss, dass mir die Zimmer mit den Namen Ruhrpott, Phoenix oder Panorama noch besser gefallen hätten. Das Hotel verfügt über einen eigenen Parkplatz und einen Fahrstuhl. Am Eingang gibt es einen Mini-Absatz zu überwinden, in den Innenhof führt leider nur eine steile Rampe. Aber das ist natürlich besser als gar keine. Mit etwas Hilfe ist sie überwindbar. Besonders lecker ist das Frühstück, das wir während unseres Aufenthaltes am Abend vorher à la Carte bestellt haben und nun bei schönem Wetter im Hof genießen.

Autorin: Kim Lumelius - Kim Lumelius reist und fotografiert leidenschaftlich gern. Immer dabei "Lutzi" ihre treue Begleiterin mit vier Rollen. Auf dem Blog "wheeliewanderlust" berichtet Kim regelmäßig von ihren barrierefreien Abenteuern.

  • Das Hochofenwerk Phoenix-West in Dortmund-Hörde, © Dortmund Tourismus
    Deutsches Fußballmuseum Dortmund am Hauptbahnhof, © Deutsches Fußballmusem Dortmund
    Hohensyburg in Dortmund, © Dortmund Tourismus
  • Innenansicht Deutsches Fußballmuseum, © wheeliewanderlust
    Westfalenpark in Dortmund, © Dortmund Tourismus
    Maschinenhalle innen, © LWL-Industriemuseum, Martin Holtappels